Lang, aber wichtig !

Der Artikel stammt von einem Orthopäden. Trifft aber auch auf andere Fächer zu.

Wenn andere an Ihre Daten gelangen, kann das gewaltige Auswirkungen auf Ihr eigenes Leben haben

Dazu ein paar Beispiele aus meinem Alltag als Orthopäde und Schmerztherapeut:
„Sie wollen eine Lebensversicherung abschließen? Schon jetzt müssen Sie bei Ihrem Antrag wahrheitsgemäß auf intime Fragen antworten. Z.B: „Haben Sie schon einmal einen Gentest durchführen lassen?“ Wenn Sie diese Frage mit Ja beantworten, kommt auch schon bald die Nachfrage, um welche Tests es sich dabei handelt. Vielleicht haben Sie testen lassen, ob Sie ein erhöhtes Risiko für Brustkrebs haben. Doppeltes Pech, wenn dieses Risiko erhöht ist. Denn ab jetzt wird es sehr schwierig mit der Lebensversicherung. Sie wird teurer oder Sie bekommen erst gar keine Versicherung.
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Vielleicht haben Sie den Gentest aber auch schon längst vergessen. Das ist auch ohne bösen Willen leicht möglich. Zum Beispiel, wenn Ihr Orthopäde wegen Rückenschmerzen eine Blutuntersuchung auf „HLAB-27“ durchgeführt hat und Ihnen gar nicht (mehr) klar ist, dass dieser Test ein Gentest ist. Weil Sie damit ein erhöhtes Risiko für Morbus Bechterew, also eine rheumatische Erkrankung haben, könnte es für Sie Probleme bei einer Berufsunfähigkeitsversicherung geben.
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Jetzt ruhen diese Daten alle noch in den Karteischränken und auf den gesicherten Festplatten Ihres Hausarztes oder Ihrer Fachärzte. Doch wenn Ihre komplette Krankengeschichte erst einmal auf Ihrer Elektronischen Gesundheitskarte gespeichert ist, wird sie für jeden Interessenten verfügbar sein – und das schon ganz ohne Hacken und Datenklau, sondern über völlig legale Wege.
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Auch Arbeitgeber werden sich für ihre Gesundheitskarte interessieren. Vor allem bei den sehr begehrten Jobs öffnen sich für die Unternehmen ungeahnte Möglichkeiten. Schon jetzt lassen sich junge Menschen einiges an Zumutungen gefallen, um an Jobs bei den besonders angesagten Firmen zu erlangen. Für einen Praktikumsplatz bei Adidas, Google oder Amazon würde mancher Bewerber seine Oma verkaufen. Der freundlichen Bitte, mal kurz einen Blick in die elektronische Gesundheitskarte werfen zu dürfen, werden sich daher Viele nicht entziehen wollen. Dadurch könnten Sie selbst dann einen Nachteil erleiden, wenn Sie persönlich standhaft bleiben und ihre Daten nicht hergeben. Denn das gilt das nicht unbedingt für Ihre Mitbewerber.

Ähnliche Probleme gibt es, wenn Sie Beamter werden wollen- dazu reichen schon geringe Gesundheitsstörungen. Ein langjähriger Patient von mir wurde vor 30 Jahren als Lehrer nicht verbeamtet, weil er einen Klumpfuss hatte, der ihn damals nicht daran hinderte, Kampfsport zu betreiben. Aber der Amtsarzt befürchtete Probleme in späteren Jahren.
Doch der Patient gehört zu den Lehrern, die auch mit 64 Jahren fast keine Fehlzeiten im Job haben, obwohl (oder weil) er in einer sozial schwierigen Schule unterrichtet.
Weil er nur als Angestellter und nicht als Beamter eingestellt wurde, verdient er mehr als 1000 Euro weniger, über die Jahre mehr als 360 Tsd Euro. Er ärgert sich immer noch, dass er damals die Diagnose mitgeteilt hatte, die sonst gar nicht aufgefallen wäre.
Mit einer elektronischen Patientenakte hätte er die Wahl gar nicht gehabt.
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Es würde auch wenig helfen, wenn man die Verweildauer der gespeicherten Daten zeitlich begrenzen würde. Denn zum einen sind ja bestimmte Informationen aus der Vergangenheit möglicherweise lebenslang von medizinischer Bedeutung. Dazu gehören die bereits erwähnten Gentests, aber auch bestimmte Erkrankungen. Wenn Sie zum Beispiel einmal eine eitrige Gelenkentzündung hatten, ist das für alle Nachbehandler nach vielen Jahren noch wichtig. Wenn man diese Information nach einigen Jahren „rausschmeißen“ würde, wäre der Nutzen einer Elektronischen Patientenakte völlig ad absurdum geführt.
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Aber selbst, wenn alle Daten in Ihrer Akte ein „Verfallsdatum“ hätten, wären Sie nicht so leicht zu beseitigen.
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Wenn die Akte Arztbriefe aus Krankenhäusern enthält, so finden sich in diesen Arztbriefen jede Menge Diagnosen aus Ihrer Vergangenheit, die immer wieder „aufgewärmt“ werden. Heutzutage sind Krankenhausberichte deutlich länger als früher. Vor allem die Diagnosen nehmen viel Platz ein, nicht selten fast eine Seite. Das liegt am DRG-System, also an der Art und Weise, wie die Krankenhäuser bezahlt werden. Je mehr Diagnosen man einem Patienten zuschreiben kann, um so höher fällt die Bezahlung des Krankenhauses aus. Wer 1998 an der Bandscheibe operiert wurde und 2023 wegen einer Lungenentzündung ins Krankenhaus muss, muss bei einer Visite nur ein bisschen über Rückenschmerzen klagen, und schon wandert die Diagnose „Z.n. Bandscheibenvorfall“ in seinen Arztbrief. Diese eher unwichtige Information begleitet ihn auf diese Weise sein Leben lang.
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Sie ist für die Nachbehandler meist nicht relevant, aber beim Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung ein großes Hindernis. Wenn alle alten Arztbriefe an einer zentralen Stelle abgespeichert werden, gibt es davor kein Entrinnen mehr. Wo früher nur die Erkrankungen der letzten fünf Jahre abgefragt werden konnten, ist jetzt ein lebenslanger Überblick möglich – durch Alle, die es interessiert.

„Klar, wir brauchen vernünftige und praktikable Digitalisierung im Gesundheitswesen. Aber Datenschutz – das zeigen schon diese wenigen praktischen Beispiele – ist dabei kein Luxus. Jeder der krank wird, benötigt dringend Diskretion sowie den Schutz seiner Daten. Und weil jeder krank werden kann, gilt das natürlich auch für die durch und durch Gesunden.“


Hintergrund:
„Einige versprechen sich von der zentralen Speicherung aller medizinischen Daten eine bessere Versorgung und schnelleren Zugang zu lebenswichtigen Informationen im Notfall. Doch es gibt auch viel Kritik. Die Allgemeinärztin Simone Connearn wandte sich sogar mit einer Online-Petition gegen die opt-out-Regelung an den Petitionsauschuss des Bundestags.“
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Die Online-Petition gegen die automatische Speicherung aller Patientendaten („Opt-out“ Regelung) kann noch bis zum 24.Juli 2023 unterzeichnet werden:
https://epetitionen.bundestag.de/petitionen/_2023/_05/_05/Petition_150309.nc.html

Digitalisierung im Gesundheitswesen

Alle Personen, welche sich mit digitalen Inhalten und Vorgängen beschäftigen, kommen um dieses Thema auch im Gesundheitswesen nicht herum.

Beispiele sind die Versicherungskarten, welche eingelesen werden, die Kommunikation mit den Kassen oder Versicherern, Speicherung von Daten in den Praxen oder auch der Austausch von Daten zwischen den „Leistungserbringern“, wie diese gerne im Politjargon genannt werden. Viele fragen sich jedoch, warum die Digitalisierung sonst so lange benötigt. Ein Grund sind handfeste wirtschaftliche Interessen der Anbieter von Hard- und Software. Durch setzten unterschiedlicher Standards waren anfänglich Anbieter mit untereinander inkompatiblen System am Start. Das wurde bereinigt, Standards geschaffen und die Politker und/oder Ärzte/Kassen mussten klären, wer den der Zahlmeister dieses Aufwandes sein sollte. Gerne hätten alle Nichtärzte es gesehen, wenn dieses komplett von den Ärzten übernommen worden wäre, nur hatten ausgerechnet diese kaum ein Interesse, da der Profit auf Seiten der Kassen und der Politik lag.

Die wollten jedoch für Interesse kaum zahlen, sie hätten womöglich ihren Versicherten erklären müssen, dass Sie an die Daten derselben sollten und dafür von ihren Versicherten auch noch Geld haben möchten……

Kommt der Datenschutz! Ich möchte ungerne meine Daten im Netz wiederfinden, nur weil irgendeine App oder ein Programm nicht gut gesichert ist oder die Daten in der Welt umher posaunt.

Die Gesellschaft, in der sich seit Jahren die Beteiligten um den korrekten Einsatz streiten nennt sich Gematik. Der Bundesgesundheitsminister ist nun der Meinung, durch einen Handstreich (in der Demokratie könnte man das auch Gesetzt nennen) 51% dieser Gesellschaft zu übernehmen und damit die Richtung vorzugeben. Zusätzlich wird beschlossen, dass eine einfache Mehrheit (also 51%) für eine Entscheidung ausreichen wird!

Es geht also nur bedingt um ihr Wohl, sondern mal wieder um ganz andere Hintergründe, sonst würde BM Spahn sich nicht so weit aus dem Fenster lehnen.

Die schöne neue Welt der Gesundheits – App Vivy

Haben Sie auch schon von ihrer Krankenkasse eine Einladung bekommen, die neue Gesundheits App Vivy zu nutzen?

Die neue App könnte über 12 Millionen Versicherte in Deutschland, gesetzlich Versicherte wie auch privat versicherte betreffen. Sie macht die Tür auf zu einer schönen, neuen Welt. In einer App, auf dem Smartphone, sämtliche Gesundheitsdaten von sich abgelegt und übersichtlich sortiert.

Nur am Rande, das Geld, um diese App zu entwickeln, zu betreiben und auch weiterhin zu entwickeln stammt von ihren Mitgliedsbeiträgen.

War da was? Datenschutz? Wie kommen die Daten dahin?

Zum Thema Datenschutz: Dazu empfehle ich dringend allen die von ihrer Kasse angeschrieben worden sind oder sich für das Thema Datenschutz interessieren, auf diesem Blog diese Seite einmal zu lesen.

Bevor sie auch nur ihre persönlichen Daten eingegeben oder sich bei ihrer Krankenkasse angemeldet haben, verlangt die App schon einen Datenaustausch mit vier verschiedenen amerikanischen Datenlogger an. Ihre Daten werden auch nicht nur auf ihrem Telefon gespeichert, natürlich auf fordert eine solche Datenmenge eine zentrale Datenspeicherung. Diese Datenspeicherung wird nicht näher spezifiziert, außer dass es deutsche Server sein sollen.

Zum Thema wie kommen die Daten in die App:

Erstens: Es gibt keine Schnittstelle mit sämtlichen in den Praxen vorhandenen Praxisverwaltungssystemen. Damit müssen also sämtliche Daten entweder über eine neu zu definierende Schnittstelle auf einen Server geladen werden, dieses vom Arzt oder Personal. Oder, die Daten müssen in Form von Ausdrucken vom Kassenmitglied selber per Scanner oder in welcher Form auch immer auf den Server geladen werden.

Zweitens: Es gibt keinerlei Honorarvereinbarungen darüber, wie oder in welcher Höhe die Praxen, die Krankenhäuser oder sonstige Beteiligte eine Vergütung dafür bekommen, dass diese diese Daten übertragen.

Die Vorgehensweise wäre vergleichbar mit der Deutschen Bundespost, wenn diese Ihnen einen neuen Briefkasten für die Nachbarn direkt vor die Haustür stellen würde und dann Ihnen mitteilen würde, dass sie diesen zu bezahlen hätten, nicht etwa die Nachbarn. Würden Sie das sicher gerne akzeptieren?

Mit anderen Worten, die Juristen und Betriebswirte unter ihnen werden sicherlich sofort verstehen, dass eine Leistung nur gegen Entgelt erbracht werden sollte, dieses ist bei dieser Lösung überhaupt nicht vorgesehen.

Die Einführung dieser App ist aus datenschutzrechtlichen Gründen sicherlich bedenklich, aus betriebswirtschaftlichen Gründen überhaupt zu überdenken. An sich sicherlich eine smarte und interessante Lösung, aber es wurde praktisch niemand von den Beteiligten: Patienten, Ärzte, Krankenhäuser und sonstige Teilnehmer im Gesundheitswesen (außerdem Beteiligten Entwicklern) vorher informiert und gefragt, was sie davon halten oder wie dieses System am Leben erhalten und bezahlt werden soll.

Datenschutz

Natürlich hat jede Praxis auch mit der neuen Datenschutz Grundverordnung zu tun. Der Aufwand ist in enorm, alle Frauen die am Freitag bereits in der Praxis fahren können davon jetzt schon ein Lied singen.

Nichts desto trotz, wir nehmen den Datenschutz wie vorher bereits auch ernst, nur mussten wir das auch noch schriftlich fixieren, wie dieses denn zu geschehen hat. Sehen Sie sich die Datenbestimmung auf Facebook an, dann wissen Sie was Facebook mit Ihnen veranstaltet, schauen Sie sich auf unser Homepage unter dem Punkt Datenschutz die entsprechenden Datenschutzerklärung an, dann wissen Sie wie es bisher gelaufen ist und wie es weiterhin bei uns gehandhabt wird.

Für alle, die es bereits versucht haben: wir werden auch weiterhin keinerlei Sach- und Fachfragen über Facebook, über die Homepage oder über irgend einen Messenger beantworten. Dieses haben wir bislang nicht gemacht, werden wir auch in Zukunft nicht machen.

Für alle die besonders bei dem Thema Datenschutz sensibel sind, und gegebenenfalls die intensivsten Fragen stellen:

Dann schauen Sie doch bitte mal unter den neuen Datenschutzbestimmungen von WhatsApp nach. Wenn Sie diese lesen, werden sie dort jetzt endlich lesen, das WhatsApp explizit mit anderen Dienstleistern, vertrauenswürdigen Firmen, z.B. Facebook, Daten austauscht. Falls das jemanden immer noch nicht reicht, damit er WhatsApp endlich löscht, verstehe ich die Welt nicht mehr.